Charakter oder Mainstream: Geschmacksfrage

"Rein eingeschenkt" vom Weinmanager - Folge 3

Wie viele andere Bereiche des täglichen Lebens hat der "Mainstream" auch unser aller Lieblingsgetränk Wein schon lange erfasst und die Weinwelt verändert. Trotz erster erkennbarer Tendenzen zur Rückbesinnung frönen die Weintrinker dem "parkerisierten" Einheitsgeschmack munter weiter, vor allem beim Rotwein. Fette Frucht, kräftige Holznoten, weiche Tannine und eine gewisse Süße - so das gängige Geschmacksprofil der "Coca-Cola-Weine", die es bis in hohe Preisklassen hinein gibt.

Aber reicht es uns als echte Weinliebhaber wirklich, wenn ein Wein nur "gut schmeckt"? Diese Grundanforderung erfüllen dank hoch technisierter Produktionsmethoden heutzutage auch einfache Mainstream-Weine. Was sie aber meist vermissen lassen, sind Komplexität, Feinheit und Charakter. Sie schmecken austauschbar und langweilig, weil die Unterschiede von Herkunft, Rebsorte und Jahrgang kurzerhand technisch "glattgebügelt" werden.

Mir reicht es nicht, was diese Weine zu bieten haben. Und - wie ich schon vielfach feststellen konnte - meinen Kunden offensichtlich auch nicht. Zugegeben: Gegen den Strom zu schwimmen, ist anstrengender als mit ihm. Es kann aber auch die größten Glücksmomente bescheren - ganz besonders in Bezug auf Wein. Und nicht zuletzt hat auch der Wein selbst etwas anderes "verdient" als Mainstream, denn kulturgeschichtlich ist er viel mehr als nur ein Getränk.

Was kann / soll ein Weinliebhaber also von einem hochwertigen Wein erwarten? Natürlich soll zunächst einmal die Qualität dem Preis angemessen sein. Die besten Weine sind dabei aber jene, die ihre Herkunft ausdrücken, die einen unverwechselbaren Charakter besitzen und sich damit aus der riesigen Masse an Wein hervorheben. Nur diese Weine schaffen es, uns auch emotional zu berühren und damit "glücklich" zu machen. Charakter ist deshalb neben Natur und Preis-Leistungs-Verhältnis die dritte Säule meiner Weinphilosophie.

Dennoch kann ich nicht verstehen, dass die Fronten zwischen Anhängern und "Verweigerern" des Mainstreams oft so verhärtet sind. Es bringt nichts, das Thema zu emotional und dogmatisch zu diskutieren. Jeder kauft und trinkt die Weine, die ihm schmecken. Das ist auch gut so. Und es gibt in jeder Preisklasse (außer im Billigsegment) Weine, die den Mainstream bedienen, und Weine, die Charakter in die Waagschale werfen. Es ist eben alles "nur" eine Frage des Geschmacks.

Gleiches gilt übrigens für das Thema meiner nächsten Kolumne im kommenden Dezember-Newsletter: Naturwein contra Önologensaft ...

Manfred Hailer, im November 2023

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Weinmanagement
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