"Rein eingeschenkt" vom Weinmanager - Folge 4

Was war das wieder für eine Rabattschlacht rund um den ominösen "Black Friday", aus dem vielfach ein "Black Weekend" oder gar eine "Black Week" geworden ist. Die nächsten Steigerungen wären wohl "Black Month" und "Black Year" ... Bis zu 70 % billiger, der blanke Wahnsinn! Und die Schnäppchenjäger haben blindlings eingekauft. Ich warte auf die 100 % Rabatt, dann schlage ich aber richtig zu. Denn spätestens dann setzt bei der Schnäppchenjagd um jeden Preis auch mein Hirn aus. Da kann man schon mal Weine kaufen, die man eigentlich nicht braucht und allenfalls mittelmäßig findet. Hauptsache billig ...

Ganz ohne Ironie, aber mit gesunder Skepsis fragt man sich: Wie sind solche Preisnachlässe überhaupt möglich? Kann bzw. darf man seriös und mit gehobenem Qualitätsanspruch produzierte Weine zu solchen Dumpingpreisen verschleudern? Geht das alles noch mit rechten Dingen zu? Müsste man bei Megarabatten nicht misstrauisch statt kaufwütig werden? Und was ist mit allen, die diese Weine irgendwann zu angeblichen "Normalpreisen" eingekauft haben: Wurden die nur böse abgezockt? Erst Wucherpreise verlangen, die durch die Qualität des Produkts nicht gerechtfertigt sind, und dann Superrabatte geben - oft nur ein großer Schwindel. Doch der Trick zieht immer wieder ...

Gegen solche Riesenpreisnachlässe nehmen sich meine Rabatte stets sehr bescheiden aus. Aber nur auf den ersten Blick. Denn was viel wichtiger ist: Meinen Kunden kann ich ruhigen Gewissens versprechen, dass ich mich preislich für sie nach der Decke strecke und dass sie bei mir das ganze Jahr über ehrliche, teilweise sogar konkurrenzlos günstige Preise zahlen. Und das für Weine, die ein exzellentes Preis-Leistungs-Verhältnis bieten, mit hohem Qualitätsanspruch und Ehrfurcht vor der Natur produziert werden und die ausschließlich direkt von den Weingütern oder von absolut seriösen Importeuren kommen. Will heißen: Der Weinkauf ist mehr denn je Vertrauenssache ...

Manfred Hailer, im Dezember 2023