Ein Blick auf den aktuellen Weinmarkt - Teil 1

"Rein eingeschenkt" vom Weinmanager - Folge 8

Einerseits teils übertriebene, manchmal unverschämt anmutende Preissteigerungen, andererseits in der Breite fallende Auktionspreise und eine Bordeaux-Subskription für den Jahrgang 2023 mit deutlichen Preisabschlägen: Gut informierte Weinliebhaber registrieren derzeit ziemlich widersprüchliche Tendenzen. Lässt man diese Feststellung einfach unkommentiert stehen (ist halt so ...) oder welche Schlüsse kann man daraus ziehen? Es ist an der Zeit, wieder einmal einen kritischen Blick auf den aktuellen Weinmarkt zu werfen. Hier Teil 1 von 2.

Die Preisentwicklung bei Weinerzeugern und -händlern in den vergangenen Monaten weckt mehr als nur einen Verdacht: Viele von ihnen haben offensichtlich die vermeintliche "Gunst der Stunde", in der die Inflation in aller Munde ist, für durch nichts zu rechtfertigende Preiserhöhungen genutzt. Vor diesem Hintergrund habe ich auch bei meinen Partnerweingütern darauf geachtet, ob sie preislich auf dem Boden bleiben. Die gute Nachricht: Von einer Ausnahme abgesehen sind die Preiserhöhungen bei ihnen sehr moderat ausgefallen. Ich bin überzeugt, dass sich der fair Umgang mit der Kundschaft auf lange Sicht besser rechnet als der kurzfristige Reibach.

Doch was kann man tun, wenn ein Weingut übermäßig stark an der Preisschraube dreht? Klare Grenzen setzen - bis hierher und nicht weiter - und sich notfalls einmal von einem Weingut verabschieden. So wie ich es in einem Fall eines Winzers nach langer Zusammenarbeit schweren Herzens getan habe. Wir sind der Preistreiberei also nicht hilflos ausgeliefert und halten das wirksamste Instrument zur Marktregulierung selbst in Händen: unser Kaufverhalten. An alle echten Weinliebhaber kann ich nur appellieren, die "Wucherer" abzustrafen und ihre Weine den Etikettentrinkern zu überlassen, die meist viel Geld, dafür aber oft wenig Ahnung vom Wein haben.

Ganz oben auf der "roten Liste" steht bei mir das Burgund. Die Weine von dort verkommen immer mehr zu Luxusprodukten, die für Normalsterbliche nicht mehr finanzierbar sind Bei bekannten Namen zahlt man mittlerweile für die einfachen AC-Weine ab 50 Euro aufwärts, teils sogar mehr als 100 Euro. Von den Weinen aus Premier und Grand Cru Lagen gar nicht zu reden ... Ich bin nicht mehr bereit, diese Preise zu bezahlen. Und zum Glück gibt es genügend qualitativ gleichwertige Alternativen für deutlich weniger Geld. Sogar im Burgund, wo beispielsweise die Domaine Tupinier-Bautista hochklassige Weine zu sehr moderaten Preisen erzeugt.

Wir können auch nach Deutschland blicken: Hier bekommt man in der genannten Preisklasse nicht bloß Ortsweine, sondern Weine, die in der Qualitätshierarchie ganz oben stehen: sprich wahrlich große Spätburgunder und Pinot Noirs von internationalem Spitzenformat. Und wer glaubt, 500 Euro oder noch viel mehr für einen Grand Cru aus dem Burgund von einem prominenten Erzeuger ausgeben zu müssen, der soll bitte einmal die Pinots vom Weingut Albert Mann im Elsass verkosten. Er wird den sündteuren Burgundern keine Träne nachweinen.

Preisauswüchse gibt es aber - wenn auch wesentlich vereinzelter als im Burgund - in praktisch allen führenden Weinbauländern, Deutschland eingeschlossen. Paradebeispiel ist der legendäre Riesling G-Max von Rheinhessen-Superstar Klaus-Peter Keller. Sicher ein Riesling von besonderer Klasse. Doch wer ihn schon einmal im Glas hatte, kann über die Preise, die dafür gezahlt werden, nur den Kopf schütteln. Es ist zwar nahe liegend, gleichzeitig aber naiv zu denken, dass die Qualität immer das entscheidende Kriterium für den Preis einer Flasche Wein ist. Denn bisweilen wird er noch stärker von anderen Faktoren bestimmt, wie verfügbare Menge (Angebot und Nachfrage), Herkunft, Story, Marketingtalent und andere. 

Hier schließt sich der Kreis zu meiner Weinphilosophie: Für mich zählen an allererster Stelle die "inneren Werte" eines Weines und nicht ein pompöses "Drumherum". Deshalb habe ich es mir zur Aufgabe gemacht, für mich und meine Kunden in jeder Preisklasse die Weine mit dem besten Preis-Leistungs-Verhältnis aufzuspüren,

Manfred Hailer, im Juni 2024

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Weinmanagement
Manfred Hailer

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