Ein Blick auf den aktuellen Weinmarkt - Teil 2

"Rein eingeschenkt" vom Weinmanager - Folge 9

Einerseits teils übertriebene, manchmal gar absurde Preissteigerungen, andererseits tendenziell fallende Auktionspreise und eine Bordeaux-Subskription mit deutlichen Preisabschlägen: Informierte Weinliebhaber registrieren derzeit widersprüchliche Tendenzen. Teil 1 meines kritischen Blicks auf den Weinmarkt drehte sich im Juni um die Entwicklung und vor allem auch um Exzesse bei der Preisgestaltung seitens der Weingüter! Im Teil 2 beleuchte ich die Lage auf dem aktuellen "Sekundärmarkt" (vor allem Weinauktionen).

Die Preisentwicklung in Teilen des Weinhandels passt nicht zur aktuellen Situation auf dem Auktionsmarkt. Für moderate Aufschläge aufgrund erhöhter Kosten und Risiken sowie eines schwierigen wirtschaftlichen Umfelds hat jeder Verständnis. Doch das oft hemmungslose Drehen an der Preisschraube halte ich für gefährlich! Es könnte am Ende der "Nahrungskette" - bei den Weinliebhabern - zu einem fatalen Vertrauensverlust in die Seriosität des Weinhandels führen. Zumal das Auktionsgeschehen und der Verlauf der Bordeaux-Subskription - als wichtige Indikatoren für die allgemeine Marktverfassung - andere Signale aussenden.

Die Zeiten, in denen die Preise nur eine Richtung zu kennen schienen - nach oben -, sind auf dem Auktionsmarkt vorbei. Im Jahr 2023 erlebte der "Sekundärmarkt" eine deutliche Konsolidierung. Einer der wichtigsten Gründe ist die aktuelle "Abstinenz" der Asiaten, deren Durst zunächst einmal gestillt scheint. Die Käufer aus Hongkong und China, die in der Vergangenheit den Markt und die Preise vor allem im Premiumsegment getrieben haben, sind so gut wie verschwunden. Ob und wie stark sie auf den Auktionsmarkt zurückkehren werden, kann niemand sagen.

Stefan Sedlmeyr, Geschäftsführer des renommierten Auktionshauses Munich Wine Company (MWC) in Deisenhofen bei München, bringt es auf den Punkt: "Der Markt ist positiv im Sektor Privatkunden mit Zuwachs. Er ist angespannt im Sektor Handel EU – und momentan unberechenbar im Sektor Asien."

Außerdem bedarf es einer sehr differenzierten Betrachtungsweise, um den Zustand des Auktionsmarktes realistisch zu beurteilen. Die Ausrufpreise sind dabei das falsche Kriterium. Selbst wenn sie noch so hoch sind, stehen sie zunächst nur auf dem Papier und können ein falsches Bild vermitteln. MWC-Chef Stefan Sedlmeyr klagt zum Beispiel, er müsse Ausrufpreise derzeit stärker diskutieren als früher. Die Einlieferer - vor allem auch Investoren - haben noch immer die Höchstpreise im Kopf, die aktuell aber nicht mehr bezahlt werden.

Die Zuschlagspreise sind folglich das einzige aussagekräftige Kriterium. Verfolgt man den Auktionsmarkt aufmerksam, so zeigt sich: 20 bis 40 % der angebotenen Lots bleiben in den Auktionen zunächst unverkauft. Ein Teil davon geht dann noch im so genannten Nachverkauf weg. In vielen Fällen aber nur mit weiteren Preisabschlägen (Untergeboten), was die Auktionshäuser nicht so gerne öffentlich sagen.

Oder die Weine werden überhaupt nicht verkauft. Das gilt derzeit besonders für die Top-Burgunder aus den Spitzenlagen (Premier Crus und Grand Crus). Noch immer wollen hier viele Verkäufer auf einen Zug aufspringen, der längst abgefahren ist. Deshalb werden für diese Weine oft noch die vor einem bis zwei Jahren bezahlten Fabelpreise aufgerufen. Käufer finden sie aber keine mehr, weil dem derzeit besonders hohen Angebot an hochpreisigen Burgundern nur sehr wenige Kaufinteressenten gegenüber stehen.

Muss man deswegen von einer "Burgunder-Blase" sprechen? Die Weine sind insgesamt so rar und nur in so geringen Flaschenzahlen verfügbar, dass diese Frage überflüssig ist. Die "Etikettentrinker", bei denen Geld keine "Rolle(x)" spielt, werden diese Weine immer kaufen. Trotz der aktuellen Flaute ... Gefragt sind nach wie vor auch die hochwertigen Bordeaux als Fundament für den Auktionsmarkt. Doch Gebote und Zuschlagspreise haben bereits nachgegeben.

Einen weiteren Aspekt des aktuellen Weinmarkts werde ich in meiner August-Kolumne beleuchten: die Lage in Bordeaux vor dem Hintergrund der Subskription für den Jahrgang 2023.

Manfred Hailer, im Juli 2024

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Weinmanagement
Manfred Hailer

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