Maximaler Nutzwert: Mein Bewertungssystem

"Rein eingeschenkt" vom Weinmanager - Folge 11

Der eine oder andere Leser wird sich noch erinnern: In meiner Februar-Kolumne 2024 bin ich mit der heutigen "Punktehysterie" und ihren "falschen Propheten" hart ins Gericht  gegangen. Daran knüpfe ich heute noch einmal an und stelle zwei provokante Behauptungen auf:
1. Das von Parker erfundene und mittlerweile am weitesten verbreitete 100-Punkte-System halte ich für das denkbar schlechteste.
2. Das einzige Bewertungssystem, das dem Weinliebhaber einen echten Nutzwert bringt, ist die von mir entwickelte Preis-Leistungs-Skala.

Ein kurzer Blick zurück: Der amerikanische "Weinpapst" gilt als der "Erfinder" des 100-Punkte-Systems. Er machte es ab Anfang der 1980er-Jahre mit seinen Bordeaux-Verkostungen in der Weinwelt so populär, dass es heute für die Weinbewertung mit Abstand am gebräuchlichsten ist. War es nun ein genialer Schachzug von Robert Parker, das 100-Punkte-System zu installieren, oder hatte er einfach nur das Glück, damit genau den richtigen Nerv zu treffen? Sicher eine interessante, letztlich aber müßige Frage. Tatsache ist, dass das Parker-System heute mehr denn je in eine Zeit allgemeiner Rankingsucht passt. Das geht so weit, dass Punkte bisweilen zum wichtigsten oder sogar einzigen Kriterium für die Kaufentscheidung werden. Ich persönlich trinke jedenfalls Weine und keine Punkte oder Etiketten. 

Trotz meiner Kritik vergebe auch ich nach einem von mir selbst entwickelten Bewertungssystem Punkte für Weine. Folglich könnte man mir vorhalten, dass ... 
1. auch ich nicht besser bin und genau das tue, was ich bei anderen so kritisiere: Wein nach Punkten zu bewerten.
2. meine Punktevergabe geradezu inflationär ist, denn man findet bei mir keine Weine mit weniger als 18/20 Punkten.
Zwei Vorwürfe, die bei genauerer Betrachtung und mit einem besserem Verständnis meines Bewertungssystems ganz leicht zu entkräften sind. 

Zu Vorwurf 1: Meine Kritik richtet sich nicht grundsätzlich gegen die Bewertung von Weinen mit Punkten, die beim Weinkauf durchaus als zusätzliche Orientierungshilfe dienen können. Aber ich wende mich gegen die heute gängige Praxis und gegen Weinkritiker/-journalisten, die uns mit dem 100-Punkte-System eine lächerliche Pseudo-Genauigkeit vorgaukeln. Egal ob dahinter nur maßlose Selbstüberschätzung, Scharlatanerie oder Wichtigtuerei wider besseres Wissen stecken. 

Es spricht für mich Bände, dass gerade Parker selbst nie eine eindeutige und keinen Raum für Interpretationen lassende Antwort auf die "Gretchenfrage" zu seinem System gegeben hat: Sind die Punkte absolut zu sehen oder haben 90 Punkte für einen 10-Euro-Spanier eine andere Bedeutung wie für einen mindestens fünf Mal so teuren Grand Cru Classé aus Bordeaux? Man kann sich also selbst aussuchen, wie man die Punkte einordnen will. Was für ein Unsinn! Es wird doch niemand ernsthaft bezweifeln wollen, dass zwischen den beiden genannten 90-Punkte-Weinen qualitativ Welten liegen.

Für mich ist angesichts seiner gravierenden Schwächen nicht zu verstehen, dass das Parker-System in der Weinwelt von heute so kritiklos als Standard anerkannt wird. Mittlerweile muss man nur lange genug suchen, um für irgendein banales Weinchen von irgendeinem selbst ernannten Weinexperten eine hohe Bewertung zu finden und sie zum Verkaufsargument zu machen. Wie lange wollen sich Weinliebhaber denn noch für dumm verkaufen lassen? Und man hat doch selbst die Wahl ...

Genau aus diesem Grund habe ich ein alternatives und nachvollziehbares Bewertungssystem nach Preis-Leistungs-Punkten (PLP) entwickelt, das den anderen Punkteskalen etwas Entscheidendes voraus hat: echten Nutz-/Mehrwert für den Weinfreund. Bei meinem System bewerte ich nach objektiven Kriterien die Qualität eines Weines und setze sie in insgesamt fünf Preisklassen in Relation zum Verkaufspreis. Maximal 20/20 PLP kann ein Wein erreichen - das würde bedeuten, dass er in seiner Preisklasse ein überragendes Preis-Leistungs-Verhältnis bietet. Genau solche Weine suchen wir doch alle. Deshalb habe ich es mir zur Aufgabe gemacht, sie für mich und meine Kunden "aufzustöbern". Mehr Info zum Bewertungssystem!

Zu Vorwurf 2 - der ganz schnell entkräftet ist: Es stimmt, dass es in meinem Weinangebot vor Top-Bewertungen nur so wimmelt. Das hat einen einfachen Grund: meinen hohen Anspruch. Aus der großen Zahl meiner Verkostungen das ganze Jahr über nehme ich nur Weine in mein Sortiment auf, die mindestens 18/20 PLP erhalten und natürlich auch sonst zu meiner Philosophie passen. Mit genau solchen Weinen will ich andere Weinliebhaber weiter glücklich machen. Die vielen positiven Reaktionen spornen mich nur noch mehr an.

Schon Johann Wolfgang von Goethe wusste: "Das Leben ist zu kurz, um schlechten Wein zu trinken". Ich ergänze: ... und Wein, der für seine Qualität zu teuer ist. 

Manfred Hailer, im Oktober 2024

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Weinmanagement
Manfred Hailer

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