Ehrliche Loewen und schamlose Raubtiere

"Rein eingeschenkt" vom Weinmanager - Folge 13

Kein Schreibfehler: In der Überschrift sind keine Tiere gemeint, sondern die gleichnamige Familie vom Weingut Carl Loewen an der Mosel. Ehrlich deshalb, weil sie für ihre sensationellen Rieslinge hoch anständige Preise aufrufen. Und weil sie auch in Zukunft nicht der Preistreiberei verfallen wollen. Ganz im Gegensatz zu den Raubtieren der Weinszene, für die es beim Preis keine Grenzen mehr zu geben scheint. Das wiederum ist nur möglich, wenn es Weinliebhaber (?) gibt, die für manche Weine absurde Preise bezahlen. Die aktuelle Liste der zehn teuersten Weine der Welt belegt es.

Bei unserem letzten Telefonat war Christopher Loewen, Chef auf dem Weingut Carl Loewen in Leiwen / Mosel, noch voller Euphorie. Er war gerade aus Manhattan / New York zurückgekehrt, wo er bei einer Veranstaltung Mitte Januar einige seiner Weine vorgestellt hatte. Für einen erfolgreichen Winzer wie ihn, dessen Weine hoch gelobt sind, an sich nichts Ungewöhnliches. Doch diesmal war es anders: "So eine Veranstaltung habe ich noch nie erlebt. Ein Wahnsinn", sprudelte es aus Christopher Loewen heraus.

Er berichtete mir über ein Premiumevent einer Vereinigung von Riesling-Liebhabern in den USA unter dem Motto "Rieslingfeier - the greatest celebration of German and Austrian wine". Angekündigt waren die "15 besten Riesling-Weingüter aus Deutschland und Österreich", die gereifte Jahrgänge ihrer Weine bei Einzelverkostungen und einem Galadinner präsentierten. Immerhin 800 US-Dollar pro Person kostete das "Komplettpaket" der ausgebuchten Veranstaltung.

Mittendrin in dem illustren Kreis der Spitzen-/Kultwinzer wie z. B. Egon Müller Klaus-Peter Keller, J.J. Prüm, F.X. Pichler und Franz Hirtzberger: Christopher Loewen (im Bild mit seinem Vater). Allein schon die Teilnahme an der Veranstaltung war eine große Ehre für ihn, wie er selbst sagte. Geradezu überwältigt aber war er von dem Aufsehen, das er mit seinen Naturweinen gegen die übermächtig scheinende "Konkurrenz" erregen konnte - einerseits für ihre herausragende Qualität und andererseits für das im Vergleich geradezu sensationelle Preis-Leistungs-Verhältnis. Letztlich auch für mich eine schöne Bestätigung, denn die Loewen-Weine haben seit Jahren einen festen Platz in meinem Sortiment.

Ganz im Gegensatz zu Chardonnays und Pinot Noirs der berühmten Erzeuger aus dem französischen Burgund. Denn rund um diese Weine beherrschen die schamlosen "Raubtiere" den Markt. Wie alle Jahre hat die führende Weinsuch-Plattform Wine-Searcher wieder seine Liste der zehn teuersten Weine der Welt im vergangenen Jahr 2024 veröffentlicht. Es wurden dabei die Durchschnittspreise ermittelt, die von den Spitzenweinen aus aller Welt im Handel und auf Auktionen quer durch alle gehandelten Jahrgänge erzielt wurden. Das französische Burgund hat den zweifelhaften Ruhm, dass von dort neun der zehn "Peiskrösusse" kommen ...

Lange Zeit führte die Domaine de la Romanée-Conti mit ihrem Pinot Noir aus der Monopollage La Romanée diese Liste an. Doch seit ein paar Jahren wurde sie von der Domaine Leroy abgelöst, von der auch 2024 der teuerste Wein der Welt kam: der Musigny Grand Cru (Pinot Noir) mit einem Durchschnittspreis quer durch alle gehandelten Jahrgänge von sage und schreibe 37.719 US-Dollar - wohlgemerkt für kein Großformat, sondern für die normale 0,75-Liter-Flasche. Der La Romanée auf Platz 2 erzielte "nur" 24.676 US-Dollar, gefolgt von drei weiteren Leroy-Weinen. Da bekommt man als Weinliebhaber Schnappatmung ...

Solche Exzesse in der Preisgestaltung treiben bisweilen kuriose Blüten. So verlangte der deutsche Generalimporteur der Domaine de la Romanée-Conti von den Käufern dieser Weine schon einmal allen Ernstes, eine Verpflichtungserklärung zur Erfüllung einer Reihe von Auflagen zu unterschreiben. Zum Beispiel, dass sie einmal im Jahr zum Fotoshooting in den Keller zu gehen und jede noch vorhandene Flasche vor der aktuellen Ausgabe einer Tageszeitung ablichten. Doch damit nicht genug: Bei ausgetrunkenen Flaschen musste per Foto nachgewiesen werden, dass sie entweder zerbrochen oder auf andere Art und Weise unbrauchbar gemacht worden waren. Damit sollten Spekulationskäufe/-verkäufe verhindert und Fälschungen vorgebeugt werden.

Das alles hat aber kaum mehr als Symbolcharakter, denn rechtlich dürften solche Verpflichtungserklärungen kaum haltbar sind. Es gibt ja auch eine viel einfachere "Lösung": Weine zu solch absurden Preisen nicht kaufen. Aber natürlich bleibe ich Realist: Es wird immer reiche Etikettentrinker und Statussymbol-Jäger geben, die diese Weine am Ende in den Keller legen. Die Luxusweine brauchen auch keinen großen Markt, weil sie nur in homöopathischen Mengen produziert werden. Für ihre Käufer spielt Geld keine Rolle. Hauptsache diese Weine bleiben einem elitären Zirkel vorbehalten. 

Doch zurück zum Beginn unserer kleinen Geschichte. Natürlich habe ich Christopher Loewen angesichts der hohen (und verdienten) Wertschätzung für seine Weine sofort gefragt - halb scherzhaft, halb ernst, weil es genug solcher Beispiele gibt -, ob auch er jetzt deutlich an der Preisschraube drehen wird. Er hat nur gelacht und mich beruhigt. Beim Jahrgang 2024 werde es voraussichtlich eine Preiserhöhung geben - aber trotz der Lobeshymnen auf seine Weine und trotz der empfindlichen Mengeneinbußen durch die April-Fröste (siehe Blog-Beitrag vom Mai 2024) in einer so geringen Größenordnung, dass sie vielen Kunde nicht einmal auffallen dürften. So belohnen die Loewen die Treue ihrer Stammkundschaft ...

Manfred Hailer, im Februar 2025

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